Januar 2021 - von Dr. Alba Zappone, Dr. Melchior Grab, Dr. Antonio Rinaldi, Dr. Quinn Wenning, Dr. Anne Obermann, Dr. Claudio Madonna, Dr. Clément Roques, Ch. Nussbaum, Prof. Dr. Stefan Wiemer, A. Minardi und Prof. Dr. Lyesse Laloui
Eine erfolgreiche geologische Sequestrierung von Kohlendioxid (CO2) hängt ab von der Abdichtungsfähigkeit von Gesteinen mit geringer Durchlässigkeit (Deckgestein), die über dem durchlässigen Gestein (Reservoir) liegen, in welchem CO2 gespeichert wird. Mehrere Projekte im Rahmen des Arbeitspakets 1 des SCCER-SoE untersuchten erfolgreich die Abscheidungseffizienz eines potenziellen Deckgesteins während der CO2-Injektion. Wissenschaftler des Labors für Bodenmechanik der EPFL, und des Labors für Felsphysik und Mechanik der ETHZ haben ein systematisches Testverfahren im Labormassstab entwickelt, um die Abdichtungskapazität von Schiefergestein für die CO2-Injektion zu beurteilen. Die Experimente wurden im Rahmen eines grossen europäischen Projekts (ELEGANCY) durchgeführt, das auch gross angelegte Injektionsversuche im unterirdischen Forschungslabor Mont Terri umfasst. Um das Potenzial der induzierten Mikroseismizität im Zusammenhang mit der CO2-Sequestrierung anzugehen, haben Forschende der EPFL, der ETHZ und des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) ein numerisches Model entwickelt, um die geomechanische Reaktion des Deckgesteins auf eine anhaltende Injektion von CO2 angereicherten Flüssigkeiten zu bewerten.
Bei der Kohlenstoff-Geosequestrierung wird CO2 aus grossen Emissionsquellen abgeschieden, gereinigt, komprimiert und in tiefe Gesteinsreservoirs mit grosser Porosität injiziert. CO2 hat jedoch eine geringere Dichte als die vorhanden Flüssigkeit und strömt somit nach oben. Die Aufwärtsbewegung setzt sich fort, bis das CO2 auf ein wenig durchlässiges Deckgestein trifft. Das Deckgestein stellt eine physikalische Barriere dar und verhindert das Hochsteigen und das Austreten des CO2. Damit wird das eingelagerte CO2 daran gehindert, das Grundwasser oder gar die Oberfläche zu erreicht. Um dies zu erreichen, bedarf es einer soliden Studie über das Verhalten des Decksteins bei der CO2-Injektion.
Tonhaltige Formationen wie der Opalinuston sind aufgrund ihrer günstigen Eigenschaften wie geringe Durchlässigkeit, Selbstabdichtungseigenschaften und hoher Sorptionskapazität potentielle Deckgesteine.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Labors für Bodenmechanik (LMS) der EPFL erzielten im Labormassstab wichtige Fortschritte bei der Charakterisierung des Verhaltens und der Eigenschaften des Opalinustons für eine sichere geologische CO2-Sequestrierung sowie bei der Identifizierung der relevanten Prozesse im Zusammenhang mit Schiefer-CO2-Wechselwirkungen. Sie schlossen erfolgreich eine Bewertung des hydromechanischen Verhaltens von Tongesteinsproben (auf einer Zentimeterskala) während der CO2-Injektion ab und quantifizierten den so genannten Eingangsdruck des Materials. Dieser Druck stellt den maximalen CO2-Überdruck dar, den das Speichergestein, in dem das CO2 gespeichert ist, aushalten kann. Wird der Eintrittsdruck zu gross, verdrängt er das Porenwasser in den Poren des Reservoirs und das CO2 dringt in das Deckgestein ein. Daher besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Eintrittsdruck und der CO2-Auffangeffizienz des Deckgesteins. Das von den Forschenden verwendete Material, der Opalinuston, stammt aus dem unterirdischen Forschungslabor Mont Terri (URL).
Wissenschaftler des Labors für Gesteinsphysik und Mechanik der ETHZ arbeiten mit dem Digital Rocks Lab des Imperial College London zusammen, um die Auswirkungen von Deformation und Aufquellen aufgrund des Fliessens innerhalb von Opalinustonbrüchen mit neuartigen Röntgen-Computertomographie-Techniken zu untersuchen. Ihre Zusammenarbeit zeigte, wie die Sicherung von Brüchen – einer möglichen Folge der Mikroseismizität - Fliesswege öffnen kann, der nachfolgende Wasserfluss durch diese Brüche den Hohlraum schnell abdichtet und dadurch die Leckage durch das Deckgestein begrenzt.
Unter dem Dach des ELEGANCY-ACT-Projekts untersuchte die Gruppe auch die Möglichkeit des Austretens von CO2 aus dem Deckgestein in grösserem Massstab durch in-situ-CO2-Injektionstests im Mont–Terri-Untergrundlabor. In einem einzigartigen Aufbau untersuchten die Forschenden, wie sich die Exposition von CO2-reicher Flüssigkeit auf die Abdichtungskapazitäten eines Deckgesteins auswirkt, in dem sich eine Verwerfung - die Mont Terri-Hauptverwerfung - befindet, und bewerteten potenzielle Lecks.
Nach der Charakterisierung der Transmissivität und Permeabilität der Verwerfung durch Wasserinjektionstests und der Überwachung auf mögliche mikroseismische Ereignisse starteten die Forschenden eine Langzeitinjektion von CO2-gesättigtem Wasser bei konstantem Druck und mit einer Rate von etwa 0,04 Millilitern pro Minute, um die Wechselwirkung zwischen Gestein und CO2 zu bewerten. Die ersten Ergebnisse waren bereits nach drei Monaten vielversprechend und zeigten, dass sich die Verwerfung schon bald nach der CO2-Injektion selbst abdichtet, was wahrscheinlich durch das Aufquellen des Deckgesteins verursacht wurde. Die Injektion läuft bereits 13 Monate.
Das Hauptziel besteht darin, noch einige Wochen lang CO2-gesättigtes Wasser in den Verwerfungskern zu injizieren und gleichzeitig seine geomechanische Reaktion zu überwachen. In regelmässigen Zeitabständen haben zusätzliche Tracer und Transmissivitätstests geholfen, die Entwicklung der Flüssigkeitspfade zu bestimmen und auf die potenzielle Diffusion von CO2 aus dem Wasser zu schliessen.
Zusätzlich zum experimentellen Ansatz führten Forschende vom EPFL, ETHZ und SED numerische Simulationen durch, um das geomechanische Verhalten des Deckgesteins im Mont-Terri-Experiment zu charakterisieren. Sie evaluierten die Reaktion der Verwerfung auf eine langfristige Injektion, die mit Wasser durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Modellierung bestätigten die geringe Durchlässigkeit der Verwerfung und deuteten auf eine mögliche bruchartige Verbindung zwischen Injektions- und Überwachungsstellen hin. Die Ergebnisse deuteten auch darauf hin, dass die Permeabilität in der Region nahe der Injektion abnimmt. Eine vorläufige Interpretation ist, dass sich die Porosität aufgrund von Quellungseffekten des Tons ändert, wie in den Laborexperimenten an Gesteinsproben beobachtet wurde. Komplexere Modelle sind in der Entwicklung, um andere Schlüsselprozesse wie poroelastische Effekte und geringfügige Bruchreaktivierung zu berücksichtigen, die für die Bewertung der potenziellen Mikroseismizität wichtig sind.